Asyl | Berlin

Helfen statt demütigen

Jungen Geflüchteten helfen – statt Menschenbeschau

Alhassane hat in Guinea ein Massaker an Demonstrierenden miterleben müssen. 2009 floh er mit 13 Jahren und schlug sich ohne Eltern bis nach Europa durch. In Berlin wird er in die Charité geschickt. Er wird mehrfach geröntgt und am ganzen Körper untersucht. Nicht um ihm medizinisch zu helfen, sondern um sein Alter zu ermitteln. Gegenüber dem Politikmagazins Frontal21 berichtete Alhassane, wie er in Kellerräumen der Charité unbekleidet am ganzen Körper abgelichtet wurde. Der einzige Grund: Die Behörden hatten ihm nicht geglaubt, dass er noch minderjährig sei.

Demütigung aus Prinzip

Diese Prozedur droht vielen minderjährigen Geflüchteten, selbst wenn sie über einen Pass oder über eine Geburtsurkunde verfügen. Die zuständigen Behörden gehen offensichtlich systematisch in ihrer Praxis davon aus, dass die Geflüchteten lügen. Der Verdacht rassistischen Denkens und Handelns liegt nahe. Sie setzen auf einen harten Umgang, um Geflüchtete abzuschrecken, ihre Rechte wahrzunehmen. Dass es sich um traumatisierte Menschen handelt, die nun gezwungen werden sich auszuziehen und ihre Genitalien untersuchen zu lassen, ist ein Skandal. Sie sind in der Pubertät und waren möglicherweise sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Ihnen wird eine Botschaft vermittelt: „Wir glauben Euch nicht. Geht wieder!“

Eine inhumane Rechnung

Jahr für Jahr gibt es Presseberichte darüber, die diesen Umgang anprangern – aber ohne Folgen. Warum nur? Es ist der gefährliche Mix aus rassistischen Einstellungen und knallharter Behördenrechnungen. Die Jugendämter wollen mit allen Mitteln verhindern, dass sie geflüchtete Jugendliche in der Jugendhilfe unterstützen müssen. Aus dem grün geführten Jugendamt Steglitz-Zehlendorf ist es beispielsweise bekannt, dass dort die Rechnung aufgemacht wird: Die Kosten für die Untersuchungen rechnen sich durch die Kosten der Jugendhilfe, die durch sie verweigert werden.

Die Festung Europa wird auch in der Mitte Berlins aufrechterhalten

Dieses Prinzip zieht sich durch die deutsche Flüchtlingspolitik: Eine massive Abschottung soll eine Flucht hierher fast unmöglich machen. Höchstens als „nützlich“ eingestufte Menschen sollen eine Chance bekommen. Eine tiefst menschenfeindliche Einstellung. Die Geflüchteten, die es doch hierhergeschafft haben, sollen so billig wie möglich untergebracht werden. Mindeststandards in den lagerähnlichen Unterbringungen werden konsequent missachtet. Das zuständige Landesamt tut nichts, sondern versucht auf Kosten der Geflüchteten weiter Geld einzusparen. Nicht-Deutsche werden hier nicht als gleichwertige Menschen betrachtet.

Fragen an die zuständige Senatsverwaltung

Die Altersfeststellungen gehören zu diesem System, indem Menschen abgewertet werden, weil sie wieder gehen sollen. Dass die Altersfeststellungen medizinisch maximal fragwürdig sind, ist den Behörden bekannt. Hinzu kommt, dass grundloses Röntgen schlicht Körperverletzung ist. Trotzdem bewegt sich nichts. Die Zuständigen sitzen nicht nur in den einzelnen Behörden, sondern auch in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft.

Die Lösung wäre sehr einfach: Ein Blick über die Berlin-Brandenburger Landesgrenzen. In Brandenburg gibt es dieses Altersuntersuchungen nicht. Die rot-rote Landesregierung sieht auch keine Notwendigkeit dazu.

Autor:

Oliver Gaida, stellv. Kreisvorsitzender Jusos Steglitz-Zehlendorf

Der Autor: Jusos Berlin

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