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HAPPY IDAHOT?!

Gestern wurde weltweit zum 10. Mal der internationale Tag gegen Homo- und Trans*phobie begangen. An diesem Tag finden Aktionen statt, um auf Stigmatisierung, Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt gegenüber LGBT (lesbische, schwule, bisexuelle, trans*sexuelle Menschen) aufmerksam zu machen. Das Datum ist nicht zufällig gewählt. Am 17. Mai 1990 beschloss die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität aus ihrer Liste psychischer Krankheiten zu streichen. Ein Beschluss der längst überfällig war.

An vielen verschieden Orten auf der Welt beteiligten sich Menschen mit kreativen Ideen, mit Flashmobs, Kundgebungen, Sing-Ins oder wie in Berlin bei einem Kiss-In. Seit 2006 veranstaltet „Maneo – Das schwule Anti-Gewalt-Projekt in Berlin“ am 17. Mai an drei verschiedenen Orten in der Stadt, an denen es oft zu LGBT*-feindlichen Übergriffen kommt, Kiss-Ins. Mit den Kiss-Ins wollen sie an diesen Orten ein deutliches/ aufmerksamkeitserregendes Zeichen gegen Homophobie, Trans*phobie und Hassgewalt, für Toleranz und Vielfalt in Berlin setzen. Es ist auch ein Weg zu zeigen, dass mensch sich nicht einschüchtern und verdrängen lässt. Es ist eine Möglichkeit des Empowerments.

Es ist wichtig, sich gemeinsam an einem zentralen Tag für ein Thema stark zu machen und dies mit einem kraftvollen Symbol in die Öffentlichkeit zu tragen. Ein solcher Tag kann aber immer nur eine Ergänzung zu einem ganzjährigen Engagement sein. Ausgrenzung und Diskriminierung aus homo- oder trans*phober Motivation heraus, muss als vielschichtiges und gesamtgesellschaftliches Problem erkannt und bekämpft werden.

Diskriminierung beginnt in der Schule

Viele homosexuelle Schüler*innen sehen sich schon in der Schule Diskriminierungen ausgesetzt. „Schwul“ und „Homo“ sind gängige  Schimpfwörter. Menschen, deren Auftreten oder Verhalten als „Abweichungen“ von stereotypischen Rollen- und Geschlechtsbildern gesehen werden, sind Hänseleien und Mobbing ausgesetzt. In einer solchen diskriminierenden Atmosphäre ist es für junge Menschen schwer sich selbst und die eigene Sexualität frei zu entfalten und zu entwickeln. Auch für Trans* ist der schulische Alltag oft problematisch. Gepresst in ein System, das außer Frau und Mann als biologischem Geschlecht nichts kennt, sehen sie sich massiver Ausgrenzung, Diskriminierung und oft Anfeindungen und Gewalt ausgesetzt. Studien belegen, dass für bis zu 90 % aller befragten Trans*, die Schule kein sicherer Ort ist.

Oft meiden homo- und trans*sexuelle Schüler*innen daher die Schule. Aus Angst vor Diskriminierung können Bildungsangebote nicht wahrgenommen werden. Dies hat weitreichende Auswirkung auf Ausbildungsmöglichkeiten und Jobsuche und führt so zu einer weiteren Benachteiligung im Leben.

In den Lehrplänen finden sich kaum Ansätze die Themen LGBT*, sexuelle Vielfalt und Vielfältigkeit von Geschlechtsidentität zu behandeln. Dabei wäre gerade die Schule der Ort, um hier durch Wissen und Bildung Vorurteile abzubauen und Diskriminierungen zu bekämpfen. Aber Ansätze diese Themen in den Unterricht zu integrieren, scheitern meist an Politik und „besorgten Eltern“.

Die Diskriminierungserfahrungen aus der Schule setzen sich oft im beruflichen Umfeld fort. Viele verheimlichen daher ihre sexuelle Orientierung oder Identität aus Angst, einen Job nicht zu bekommen, von den Kolleg*innen gemieden zu werden oder auch den Job wieder zu verlieren. So ist der Alltag geprägt davon, sich selbst zu verstecken.

 Armut bei Trans*

Trans* sind dabei deutlich öfter von Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt betroffen, sowohl was den Zugang zu Arbeit angeht als auch die Perspektive im Job selber. Eine Studie der EU zeigt dabei auf, dass 29 % aller befragten Trans* in den letzten 12 Monaten an ihrem Arbeitsplatz einer Diskriminierung aufgrund einer transphoben Motivation ausgesetzt waren. Im Prozess ihrer Transition liegt die Arbeitslosigkeit bei Trans* bei über 80 %. Viele kündigen an diesem Punkt in ihrem Leben den Job, damit das Arbeitsumfeld die Transition nicht mitbekommt und suchen sich erst nach Abschluss der Transition wieder einen neuen Job. Da dazu ein Gerichtsbeschluss sowie zwei psychologische Gutachten notwendig sind, ist dies ein langwieriger und teurer Prozess.

 Schutz von Geflüchteten

Homo- und Trans*sexualität sind zurzeit noch in 76 Staaten strafbar. Einige Staaten sehen dafür die Todesstrafe vor und wenden diese auch konsequent und regelmäßig an. Daher ist Homosexualität in der EU seit 2013 auch als Asylgrund anerkannt.  Die Geflüchteten müssen dies jedoch „beweisen“. In vielen Mitgliedstaaten der EU hat dies zu erniedrigenden Befragungen oder „Tests“ geführt.  Vielen der Geflüchteten ist es wenige Tage nach der Flucht nicht möglich offen über ihre Homo- oder Trans*sexualität zu sprechen und die Diskriminierungen und oft gewaltsamen Übergriffe, die sie erlebt haben, zu schildern. Berichten sie davon erst später, wird ihn dies negativ ausgelegt. Die Geflüchteten müssen die Erfahrung machen, anstatt in Sicherheit zu sein, hier mit den gleichen Vorurteilen, Ablehnung und Diskriminierung beim Stellen ihres Asylantrags konfrontiert zu sein. Dies kann zu einer Retraumatisierung der Geflüchteten führen.

 Gemeinsam gegen Homo- und Trans*phobie

Gewalt, Ausgrenzung, Armut, fehlende Rechte, Verfolgung, Psychologisierung: Homosexuellen- und Transfeindlichkeit sind kein Grund zum Feiern. Gemeinsam mit Bündnispartner*innen und Unterstützer*innen kämpfen wir an  365 Tage im Jahr für die Emanzipation von LesBiSchwulen und Trans*.

 

Autorin:

Anna Müller, stellv. Landesvorsitzende der Jusos Berlin

Der Autor: Jusos Berlin

Mit fast 5.000 Mitgliedern sind wir die größte politische Jugendorganisation Berlins. Allerdings verstehen wir uns nicht als brave Partei- oder Regierungsjugend, die zu Wahlkampfzeiten nur Plakate klebt. Vielmehr sind wir unserer Mutterpartei in kritischer Solidarität verbunden.

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