Feminismus | Gender

„Habt euch mal nicht so, …“ – der Frauen*kampftag am 8. März 2015 in Berlin

Zum internationalen Frauen*kampftag sind in diesem Jahr rund 5.000 Feminist*innen vom Rosa-Luxemburg-Platz zum Brandenburger Tor gezogen, um gemeinsam für die Gleichstellung aller Menschen zu streiten. Und wie sollte es anders sein, pünktlich zur Auftaktkundgebung betrat auch eine in der Gesellschaft weit verbreitete Meinung die Bühne. Dieses mal vertreten durch eine Einzelperson in einem Peniskostüm samt Schild, auf dem zu lesen war: „Habt euch mal nicht so, Muschimäuse.“

Ein derartiger Vorfall zeugt von Lächerlichkeit und könnte am Rande einer Demo, auf der tausende von Feminist*innen anwesend waren, eigentlich vernachlässigt werden. Stünde er nicht stellvertretend für einen Irrtum, dem immer noch genügend Menschen, darunter leider auch viele Frauen*, erlegen sind: Die Gleichstellung sei bereits erreicht. Wer das nicht einsehen will, wird schnell als Spaßverderber*in oder Genderideolog*in abgestempelt. Schlimm genug eigentlich, dass ich jetzt auch noch antifeministische „Kampfbegriffe“ gegendert habe. Wir halten fest: Es gebe wichtigere Dinge als dafür zu sorgen, dass der gender pay gap von 23% endlich behoben werde und Frauen* auch häufiger in Führungspositionen angetroffen werden könnten. Also: „Habt euch nicht so“. Frauen* dürften doch mittlerweile ohne die Erlaubnis ihres Mannes arbeiten gehen, würden dann durch die Quote ohnehin überall bevorzugt, dürften seit 1919 sogar wählen und Vergewaltigung in der Ehe sei seit 1997 auch endlich strafbar. Bei so viel Güte müssten „wir“ uns wirklich nicht so haben. Leicht gesagt, wenn neben den o.g. Missständen auch noch ein Viertel aller Frauen* Opfer von häuslicher und/ oder sexueller Gewalt wird, Frauen* das Recht auf ihren eigenen Körper und ihre sexuelle Selbstbestimmung abgesprochen wird, sie* tagtäglich durch die Werbung zu sexuellen Objekten degradiert werden und immer noch oft genug zu hören bekommen, dass sie* eigentlich nur auf der Welt seien, um den Erhalt der Menschheit zu sichern.

Für das bundesweite „Bündnis zum Frauen*kampftag“ ist die Wut auf derartige Verhältnisse Grund genug auf die Straße zu gehen, um deutlich zu machen, dass eigentlich jeder Tag, Frauen*kampftag sein müsste. Denn es ist eine Tatsache, dass weltweit Menschen ständig unter sexistischen, rassistischen, homo-/bi-/ und transphoben Strukturen leiden, Opfer von Gewalttaten sind und gezielt ermordet werden. Die Demonstration anlässlich des 8. März 2015 in Nürnberg wurde z.B. von Neonazis angegriffen. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist kein hin und wieder auftretender Sonderfall, sondern eine die Verhältnisse stützende Struktur, die es zu bekämpfen gilt! Jeden Tag – weltweit!

Stilllovinfeminism!

Als feministischer Richtungsverband waren auch wir Jusos Berlin gemeinsam mit Gewerkschaften, Parteien, antifaschistischen, antirassistischen und zahlreichen LGBTIQ-Initiativen wieder Teil des Bündnisses. Und so unterschiedliche Positionen und Herangehensweisen wir manchmal auch besitzen, steht für die meisten von uns fest: Wir werden uns jeden Tag, „so haben“ und Strukturen bekämpfen, die Menschen diskriminieren und ausbeuten, solange bis die Gleichstellung aller Menschen endlich erreicht ist.

 

Autorin:

Michelle Starck, stellv. Landesvorsitzende der Jusos Berlin

Der Autor: Jusos Berlin

Mit fast 5.000 Mitgliedern sind wir die größte politische Jugendorganisation Berlins. Allerdings verstehen wir uns nicht als brave Partei- oder Regierungsjugend, die zu Wahlkampfzeiten nur Plakate klebt. Vielmehr sind wir unserer Mutterpartei in kritischer Solidarität verbunden.

http://www.jusosberlin.de